Die deutsche Medizintechnik-Industrie / SPECTARIS Jahrbuch 2021/2022

84 Digitalisierung | Ein Jahr DiGA: Kommt der gesetzliche Anspruch bei den Versicherten an? Ein Jahr DiGA: Kommt der gesetzliche Anspruch bei den Versicherten an? A m 19. Dezember 2019 trat das Digitale-Versorgung- Gesetz (DVG) in Kraft. Seitdem haben Versicherte einen gesetzlichen Anspruch auf die Verschreibung von Gesundheits-Apps, sogenannte Digitale Gesundheits- anwendungen (DiGA) – sofern diese den Nachweis eines positiven Versorgungseffekts erbringen und gelistet sind. Ziel war die schnelle Einführung dieser DiGAs in das Er­ stattungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung, weshalb für die Zulassung ein sogenanntes Fast-Track-Ver- fahren implementiert wurde. Das heißt, Anwendungen, die zu Beginn der Antragsstellung noch nicht alle Voraus- setzungen erfüllen, erhalten lediglich eine vorläufige Zu- lassung und können die notwendigen Nachweise innerhalb von 12 bzw. 24 Monaten erbringen. Verordnungsfähig sind nur DiGAs, die nach erfolgreicher Prüfung im DiGA-Verzeichnis aufgenommen wurden. Die Antragstellung und Aufnahme ins Verzeichnis erfolgt über das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), weshalb auch vom BfArM-Verzeichnis gesprochen wird. Im Oktober 2020 wurden die ersten zwei DiGAs ins DiGA-Ver- zeichnis des BfArM aufgenommen. Ein drei Viertel Jahr später lagen dem BfArM 77 eingereichte Anträge der herstellenden Unternehmen vor, davon wurden 15 ins Verzeichnis aufgenom- men, vier abgelehnt und 23 Anträge befanden sich zu dem Zeitpunkt in der Bearbeitung. 35 Anträge wurden von den Unter­ nehmen wieder zurückgezogen. Der häufigste Grund für die Ablehnung oder Antragsrücknahme lag in einer unzureichenden Studie bzw. Studienplanung (46 %), gefolgt von einer unzu­ reichenden systematischen Datenauswertung (13 %). Ursache hierfür könnte eine Diskrepanz zwischen dem BfArM- Leitfaden und den praktischen Erfahrungen der Antragsstellung sein. Um die Anforderungen für die herstellenden Unternehmen zukünftig noch transparenter zu gestalten, wird der Leitfaden aktuell vom BfArM überarbeitet sowie ein Template für ein Evalua- tionskonzept erstellt. Dennoch müssen sich auch die Unter­ nehmen intensiver mit den Anforderungen und den wissenschaft- lichen Standards eines konfirmatorischen Nachweises im Rahmen eines Health Technology Assessments (HTA) auseinandersetzen. Zeitgleich verhandeln der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) und die 13 maßgeblichen Industrieverbände von DiGAs (darunter auch SPECTARIS) die Rahmenvereinbarung über die Maßstäbe für die Vereinbarungen der Vergütungsbeträge. Sie wurde per Beschluss am 16. April 2021 durch die zuständige Schiedsstelle unter dem Vorsitz von Jürgen Wasem festgesetzt. Ein ganz wichtiger Punkt fehlt allerdings noch in der Rahmenvereinbarung: Beim Thema Höchstpreise und Schwellenwerte (Mindestpreise) konnte noch kein Konsens erzielt werden. Können beide Vertragsparteien in der laufenden Verhandlung keine Einigung erzielen, entscheidet letztlich die Schiedsstelle über den Sachverhalt. Fest steht aller- dings bereits heute, dass es eine Regelung sowohl zu den Höchst- wie auch zu den Mindestpreisen geben wird. Offen ist lediglich, ob die Regelungen eher „zugunsten“ der herstellenden Unter- nehmen oder der Krankenkassen ausfallen. Im ersten Jahr der Aufnahme ins BfArM-DiGA-Verzeichnis kann das Medizintechnikunternehmen den tatsächlichen Preis für seine DiGA selbst bestimmen, solange kein Höchstbetrag für die DiGA gilt. Der tatsächliche Preis ermittelt sich aus dem vom Unternehmen frei festgelegten Abgabepreis, der allerdings von Peggy Zimmermann Referentin Fachverband Medizintechnik zimmermann@spectaris.de

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