32 Branche | Krankenhausreform – Steht der Markt vor einer großen Veränderung? Gastbeitrag Krankenhausreform – Steht der Markt vor einer großen Veränderung? Die Krankenhausreform steht im Mittelpunkt der Diskussion und wird als ein möglicher Wendepunkt in der Gesundheitsversorgung angesehen. Während sich Bund und Länder über das Eckpunktepapier geeinigt haben debattieren Fachleute darüber, ob diese Reform einen bedeutenden Wendepunkt darstellt oder lediglich kleinere Fortschritte mit sich bringt oder sogar das Versorgungssystem gefährdet. Wie lassen sich die Auswirkungen einschätzen und wird die Reform rechtzeitig umgesetzt, um den ungewollten „kalten Strukturwandel“ zu verhindern? » Chronologie der Reformentwicklung Die Jahre 2022 und 2023 stehen und standen ganz im Zeichen der Krankenhausreformkonzeption und Stellungnahmen der Regierungskommission. Das Tempo neuer Reformvorschläge und deren Umfang sind für Krankenhäuser und Stakeholder nur schwer zu erfassen. Im Rhythmus von zwei Monaten wurden neue Vorschläge von der Regierungskommission oder des Bundesministeriums veröffentlicht – angefangen bei finanziellen Zuschlägen für die Pädiatrie in der ersten Stellungnahme über die umfassende 3. Stellungnahme, die den Kern der Reform darstellt, bis hin zu Reformvorschlägen in der Notfallversorgung in Stellungnahme 9. » Das Eckpunktepapier als Meilenstein Das am 10. Juli 2023 durch das Bundesgesundheitsministerium herausgegebene Eckpunktepapier stellt unzweifelhaft einen prägenden Schritt in der Reform dar. Die Neugestaltung unseres Gesundheitssystems ist eine herausfordernde Mission, bei der es gilt, die Belange zahlreicher Beteiligter zu beachten. Wir, die BinDoc GmbH, wurden zusammen mit der Oberender AG vom Bundesministerium für Gesundheit beauftragt, die Folgen der Krankenhausreform zu analysieren. Hierzu wurde in einem ersten wichtigen Schritt ermittelt, was für Krankenhäuser welche medizinischen Behandlungen durchführen könnten und in welche potenziellen Leistungsbereiche und Leistungsgruppen diese Leistungen durch eine Reform gruppiert würden. Da es bis dato keine bundesweit einheitlichen Richtlinien dafür gibt, was für Leistungen eine Klinik in ihren Fachabteilungen erbringen kann, ermöglicht diese Analyse die Vergleichbarkeit der Häuser über die Grenzen des jeweiligen Bundeslandes hinweg. » Bundesländer halten die Zügel in der Hand Neben den Kliniken werden die Bundesländer eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Reform spielen. Ihnen obliegen drei zentrale Aufgaben, die über den Erfolg oder das Scheitern der Reform entscheiden können: 1. Zuweisung der Leistungsgruppen und Vorhaltebudgets Die erste Aufgabe betrifft die Zuweisung von Leistungsgruppen und den damit verbundenen Vorhaltebudgets im Rahmen der Krankenhausplanung. Dieser Schritt hat das Potenzial, die Gesundheitslandschaft erheblich zu wandeln. Die Umstellung von einer rein leistungsorientierten Vergütung auf eine Kombination aus Leistungs- und Vorhaltevergütung wird die finanzielle Basis der Kliniken ändern. Hierbei ist zu beachten: Die Vorhaltebudgets pro Leistungsgruppe steigen, je weniger Kliniken dieser Gruppe zugeordnet sind. Daher werden die Länder bestrebt sein, sorgfältig zu kalkulieren, wie viele Krankenhäuser für jede Leistungsgruppe erforderlich sind, um eine Versorgung in Wohnortnähe sicherzustellen. Dies ist eine Aufgabe, die die Bundesländer erfolgreich bewältigen können, indem sie die Versorgungslandschaft, den Bedarf und die Fahrzeiten detailliert analysieren. In unserer BinDoc-Analyse haben wir in der Rolle eines neutralen Gutachters jedes somatische Krankenhaus in Deutschland einbezogen, um Szenarien zur künftigen Versorgungslandschaft zu simulieren. Einige Fragen bleiben offen: Was ist, wenn zwei „gleichstarke“ Häuser um Leistungsgruppen und Level-Einteilung konkurrieren? Nach welchen Kriterien werden die Länder den Prozess steuern? Wie können ausreichend Marktmechanismen beibehalten werden, um der Patientennachfrage Rechnung zu tragen? Dr. univ./vites Manuel Heurich CEO BinDoc GmbH manuel.heurich@bindoc.de
RkJQdWJsaXNoZXIy ODM4MTc=