44 Internationale Märkte | Trade Compliance in der Medizintechnikindustrie Gastbeitrag Trade Compliance in der Medizintechnikindustrie: Wie das Russland-Embargo die Bedeutung für deutsche Unternehmen unterstreicht Wer sich erfolgreich auf Auslandsmärkten bewegen möchte, muss die gängigen Spielregeln und lokalen Anforderungen der einzelnen Märkte beherrschen. Zunehmende geopolitische Spannungen führen zu einer Vielzahl von Compliance-Anforderungen, die deutsche Medizintechnikunternehmen im Außenhandel beachten müssen. Diese betreffen häufig nicht nur europäisches bzw. deutsches Recht, sondern vielfach das extra- territorial zur Anwendung kommende US-Recht sowie das nationale Recht des jeweiligen Vertragspartners. Durch den russischen Angriffskrieg hat das Thema „Trade Compliance“ für Medizintechnikunternehmen weiter an Bedeutung gewonnen. Waren Medizintechnik und Medizinprodukte bisher häufig großflächig von Exportkontroll- und Embargobestimmungen ausgenommen, zeigen nicht zuletzt die komplexen elf Sanktionspakete der Europäischen Union (EU) gegenüber Russland, dass es für die Medizintechnikunternehmen wichtig ist, die regulatorischen Risiken im weltweiten Einkauf von Vorprodukten, im weltweiten Vertrieb ihrer Produkte,w bei der Auswahl der Geschäftspartner bis hin zur Auswahl des Versandweges und Transportmittels im Blick zu behalten. Denn eine Vielzahl der Vorschriften des Russland-Embargos gilt unabhängig von einer geschäftlichen Tätigkeit in Russland. » Geschäftspartnerüberprüfung Die EU hat seit Beginn des russischen Angriffskrieges rund 1.800 Personen und Organisationen sanktioniert, denen direkt oder indirekt keine Gelder oder Vermögenswerte zur Verfügung gestellt werden dürfen. Mitte 2022 hat die EU außerdem die Anwendung der 50-Prozent-Regel geändert und addiert Minderheitsbeteiligungen sanktionierter Personen ähnlich wie die USA. Zuvor galt in der EU, dass Minderheitsbeteiligungen von sanktionierten Personen grundsätzlich nicht zusammengerechnet werden. Die neue Auslegung führt dazu, dass Unternehmen, an denen drei sanktionierte Personen beispielsweise Anteile von jeweils 18 Prozent halten, als gemeinsames Eigentum betrachtet werden. Das Unternehmen gilt damit als sanktioniert. Weitere Transaktionen mit dem Unternehmen können zukünftig als indirekte Bereitstellung von wirtschaftlichen Ressourcen und Vermögenswerten gewertet werden. Zusätzlich können die Sanktionen gegenüber zahlreichen russischen Banken für Medizintechnikunternehmen die Abwicklung von Zahlungen, den Währungsumtausch oder die Absicherung der Finanzierung ihrer Geschäfte erschweren. » Detaillierte Güterlisten Mit dem Russland-Embargo wurden umfangreiche Verbote für die Ausfuhr verschiedener Güter erlassen, die in Güterlisten als Anhänge der Verordnungen zu finden sind. Darunter sind u. a. Güter zur Steigerung der Industriekapazität, zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands, Güter, die in der Luft- und Raumfahrt eingesetzt werden können bzw. als Luxusgüter oder als Dual-Use-Güter eingestuft sind. Der Aufbau der Güterlisten folgt der Kombinierten Nomenklatur. Dies hat zur Folge, dass Medizinprodukte sowie Zubehör, Komponenten und Betriebsmittel von den Exportverboten erfasst sind, wenn sie die gleichen Zolltarifnummern verwenden. Anne-Kathrin Schmalz Head of Global Trade Compliance Eppendorf SE
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