47 „Der ostafrikanische Gesundheitsmarkt wächst schnell, und Kenia gilt als die treibende ökonomische Kraft in der Region. Großes ungenutztes Potenzial für internationale Investoren und Partner bietet sich vor allem in den Bereichen Pharmazeutika, medizinische Ausrüstung, Diagnostik und Medizintechnik. Für Unternehmen gibt es keinen besseren Zeitpunkt, um sich auf diesem dynamischen und vielversprechenden Markt zu profilieren und nachhaltige Impulse zu setzen“, ist Brenda Kokwaro überzeugt. Als Branchenexpertin für Gesundheitswirtschaft des Wirtschaftsnetzwerks Afrika ist sie an der Delegation der Deutschen Wirtschaft (AHK) für Ostafrika in Kenia tätig. Vor Ort identifiziert sie konkrete Geschäftsmöglichkeiten und bringt kenianische und deutsche Unternehmen zusammen. Die Big Four Agenda der kenianischen Regierung nennt Gesundheitsfürsorge für alle (Universal Health Coverage, UHC) als eine von vier Säulen, an denen sich die Politik maßgeblich orientiert. Ziel der Regierung ist es, dass alle Kenianerinnen und Kenianer Zugang zu qualitativ hochwertigen Gesundheitsleistungen haben, ohne in finanzielle Not zu geraten. Die mit der Erreichung der UHC einhergehenden Initiativen bieten deutschen Unternehmen die Möglichkeit, eine Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren zu etablieren und innovative Gesundheitslösungen bereitzustellen. Mit mehr als 460 Millionen Euro Handelsvolumen ist Kenia der Haupthandelspartner Deutschlands in Ostafrika. Im Bereich Medizintechnik haben deutsche Unternehmen 2022 Waren im Wert von mehr als 10 Millionen US-Dollar nach Kenia exportiert, was 13 Prozent der kenianischen Importe auf diesem Gebiet ausmacht. Analysen prognostizieren für Kenias Medizintechnikmarkt bis 2027 jährliche Zuwachsraten von über 8 Prozent und ein Gesamtvolumen von 215 Millionen US-Dollar. » Als deutsches Unternehmen unterwegs in Ostafrika: Die ersten Schritte Durch die Bedingungen vor Ort, den Aufschwung im Gesundheitswesen und durch seine Handelswege bietet Kenia ideale Konditionen für den Markteintritt in Ostafrika. Brenda Kokwaro nennt konkrete Möglichkeiten, wie der Markteinstieg gelingen kann: „Deutsche Unternehmen können das immense Potenzial des ostafrikanischen Gesundheitsmarktes durch Markteintrittsstrategien wie Joint Ventures und Public- Private-Partnerships für sich erschließen.“ So können Unternehmen das Knowhow, die Ressourcen und die Marktpräsenz der lokalen Partner nutzen sowie den Zugang zu und die Teilnahme an Ausschreibungen im Gesundheitswesen. Indem deutsche Firmen sich an den Zielen der kenianischen Regierung orientieren und Unterstützung erhalten, können sie eine starke Präsenz in Kenia aufbauen und gleichzeitig zur Entwicklung des Gesundheitssystems beitragen. Auch in den Nachbarländern sind Public-Private-Partnerships eine bewährte Form der Zusammenarbeit im Gesundheitssektor. In Tansania, wo nicht übertragbare Krankheiten ebenfalls zunehmen, liefert Deutschland vor allem Pharmazeutika und Medizintechnik. Angesichts der begrenzten finanziellen Ressourcen des Staates ist dieser vermehrt bereit, Public-Private-Partnerships einzugehen. Dank vergleichsweise niedriger Staatsverschuldung verfügt die Regierung Tansanias dennoch über Spielraum für Investitionen. Alle medizinischen Produkte müssen in Kenia über das Pharmacy and Poisons Board zertifiziert sein. Die Zertifizierungs- und Zulassungsprozesse nehmen teils viel Zeit in Anspruch. Diesen Prozess können jedoch lokale Handelsvertreter übernehmen. Die Zolleinfuhr, die über die Kenya Revenue Authority abgewickelt wird, ist hingegen sehr unternehmensfreundlich: Medizintechnik für spezialisierte Kliniken ist von der Umsatzsteuer befreit. Über den Hafen von Mombasa können ebenso Lieferungen verzollt werden, die für andere Länder der East African Community bestimmt sind, insbesondere Uganda, Ruanda und Südsudan. » Wirtschaftsnetzwerk Afrika: Unterstützung von der Projektidee bis zum Markteintritt Um deutsche Unternehmen beim Markteintritt in afrikanische Länder zu unterstützen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz 2019 das Wirtschaftsnetzwerk Afrika ins Leben gerufen, das Unternehmen mit gezielten Angeboten und Fördermöglichkeiten bei ihrem wirtschaftlichen Weg nach Afrika begleitet. „Sich im Bereich Medizintechnik wirtschaftlich zu engagieren, bietet die große Chance, nicht nur gesellschaftliche Herausforderungen anzugehen, sondern auch innovative Lösungen zu entwickeln und in aufstrebenden afrikanischen Märkten zu etablieren. Erfolgsfaktoren sind fundierte Marktkenntnisse und die Wahl der richtigen lokalen Partner“, betont Claudia Feyzi Shandi, Leiterin der Geschäftsstelle Wirtschaftsnetzwerk Afrika. Neben den Branchenexpertinnen und -experten wie Brenda Kokwaro, die gezielt in bestimmten Märkten Geschäftsmöglichkeiten identifizieren, gibt es auch das Angebot der Beratungsgutscheine Afrika, die passgenaue Beratungsleistungen bezuschussen. Claudia Feyzi Shandi ergänzt: „Mit den Beratungsgutscheinen Afrika werden Unternehmen ermutigt, die ersten konkreten Schritte zu gehen, indem die Startkosten reduziert werden.“ „In Westafrika investieren sowohl der Staat als auch der private Sektor in neue Krankenhäuser und Behandlungszentren. Der Bedarf an hochwertiger Medizintechnik wächst. Für deutsche Hersteller gibt es bereits eine Reihe von Unternehmen als mögliche Vertriebs- und Servicepartner vor Ort.“ Wolfgang Karg GTAI-Korrespondent für das frankophone West- und Zentralafrika SPECTARIS Jahrbuch 2023/2024 | Medizintechnik
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