6 Liebe Leserinnen und Leser, Gemeinsam haben wir 2023 etwas geschafft, was viele nicht für möglich gehalten haben: Die MDR wurde „angefasst“ und die Übergangsfristen verlängert. Für die einen kam das zu spät, weil vorausschauend zuvor Produkte abgekündigt worden sind, Vorausschau damit quasi bestraft wurde. Für die Mehrzahl war die Verlängerung notwendig, damit nicht Unmengen an Produkten ohne Zertifikate verwaist wären. Eine Rettung auch für Leistungserbringer sowie zigtausende Patientinnen und Patienten, deren Wohl bürokratische Regeln nicht im Fokus haben. Im Augenmerk steht gleichwohl singulär die Patientensicherheit. Versorgungssicherheit wurde nicht mitgedacht. 2024 werden wir in punkto MDR nicht lockerlassen, da die systematischen Webfehler durch die reine Fristverlängerung nicht behoben sind und Innovation in Europa weiter asymmetrisch behindert wird. Immer noch bindet die MDR erhebliche Personalressourcen, das intrinsische Innovationspotential unserer Unternehmen wird dadurch unnötig gebremst. Die Schweiz nutzt vorausschauend ihre Insellage, indem sie die amerikanische FDA-Zulassung neben der CE-Zertifizierung als Marktzugangsvoraussetzung akzeptieren will. Die weiteren Herausforderungen für die deutsche Medizintechnikindustrie werden nicht weniger: Der allgemein wachsende bürokratisch-regulatorische Druck, gestiegene Kosten für Transport, Logistik und vor allem für Energie sind hier zu nennen. Wir wünschen uns, Dekarbonisierung ideologiefrei und technologieoffen anzugehen. Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und demografischen Wandel möchten wir als Treiber nutzen, vorausgesetzt, klug gesetzte Rahmenbedingungen lassen das zu. Noch wächst die deutsche Medizintechnikindustrie und konnte auch 2022 wieder ein nominales Umsatzplus von 5,4 Prozent erzielen. Unter den genannten Rahmenbedingungen ist das ein gebremstes Wachstum. Global gesehen überholen die Schnellen die Langsamen. Wir müssen uns hier fragen, wie wir im internationalen Wettbewerb bestehen. Insgesamt erwirtschaftete die Branche 38,4 Milliarden Euro. Allerdings ist die Ertragslage vieler Medizintechnikunternehmen zuletzt bisweilen stark gesunken. Ursache hierfür sind die genannten gestiegenen Kosten in allen Bereichen, die in unserem deutschen budgetierten, planwirtschaftlichen Gesundheitssystem nicht wie in anderen Bereichen auf die Kunden umgelegt werden können. Deutsche Medtech-Unternehmen meiden den deutschen Markt immer häufiger und setzen noch stärker auf Export, wo Medtech – Made in Dr. Martin Leonhard Vorsitzender Medizintechnik im Deutschen Industrieverband SPECTARIS Germany noch immer sehr hohes Ansehen genießt und man auch eher bereit ist, für bessere Qualität und besseren Service etwas mehr auszugeben. Für den Medtech-Standort Deutschland sind das keine guten Signale. Viele Unternehmen berichten von diesen massiven Kostensteigerungen, von einem zunehmenden Mangel an Fachkräften sowie von anhaltenden Produktionsbehinderungen durch Lieferengpässe, vor allem im Bereich elektronischer Bauteile. Diese ungünstige Kombination erschwert auch die Entwicklung neuer Produkte. Auf dem deutschen Markt stellt die finanzielle Schieflage vieler deutscher Kliniken eine weitere Herausforderung dar. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) warnte bereits zum Jahresbeginn vor einer Insolvenzwelle im stationären Bereich, von der bis zu 20 Prozent der Krankenhäuser im zweiten Halbjahr 2023 betroffen sein könnten. Bei den Pflegeeinrichtungen, in denen ebenfalls Medizintechnik steht und Hilfsmittel zur Anwendung kommen, sieht das Bild nicht anders aus: Im Jahr 2022 sind bereits 142 von insgesamt knapp 12.000 Pflegeeinrichtungen in die Insolvenz gegangen. Ein besorgniserregender Trend, der sich auch 2023 fortsetzt. Ob die Krankenhausreform das Kliniksterben und das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz die Insolvenzwelle in Pflegeheimen wirklich aufhalten können, darf bezweifelt werden. Trotz zahlreicher Herausforderungen gehen wir davon aus, dass die deutsche Medizintechnikindustrie ihren Umsatz im Jahr 2023 erneut steigern wird – zumindest nominal. Die Auftragsbücher
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