60 Multinationale Unternehmen mit Produktionsstätten auch in Nicht-EU-Ländern haben ihre Schwerpunktmärkte weg von Europa verlagert. Auch sie spüren die Veränderung in Europa, haben Einbußen. Ihr Vorteil ist, sie können außerhalb der EU weiter existieren. Der Aufwand, eine EU-Produktionsanlage in Nicht-EU-Länder zu verlagern, ist ein enormer Investitionsaufwand, der sich für manche im hochkompetitiven Umfeld nicht lohnen wird, vor allem nicht auf einen Schlag. Produktionsanlagen, die PFAS erfordern, die Produkte, die selbst PFAS-frei sind, erleben außerhalb der EU einen Boom. Solche Produkte – denken wir an beschichtete Optiken, an Halbleiter, selbst an bestimmte Spritzgussbauteile – werden mithilfe von Fluorpolymeren oder auch anderen PFAS (bei Halbleitern) außerhalb der EU gefertigt, die Produkte sind (oft) PFAS-frei und können rechtmäßig in die EU importiert werden. Nicht alle Medizinprodukte sind PFAS-betroffen. Das Skalpell mit Metallheft wird es noch geben. High-end PFAS-frei wird aber wenig übrigbleiben. Innovationen werden nach den Auswirkungen der MDR mit dem PFAS-Verbot noch seltener möglich. Low-end (auch PFAS-frei) wird heute bereits überwiegend außerhalb der Union gefertigt. Wem nützt also die heute noch gemutmaßte, verspätete Einsicht der politischen Entscheidungsträger, Fluorpolymere und gesellschaftlich wesentliche Anwendungen wie Medizinprodukte, aber auch Elektronik allgemein von den Beschränkungen doch wieder auszunehmen? » Cui bono? Nicht-EU-Firmen mit Produkten aus PFAS-Hochleistungswerkstoffen konnten während des EU-Verbots in ihren Heimatmärkten weiter produzieren. Ihre Anlagen stehen noch und freuen sich über die explosionsartig steigende Nachfrage aus Europa. Erinnern wir uns, wir befinden uns weiter im fiktiven Szenario: Produkte, die essenziell für die Patientenversorgung waren, sind nun vom EU-Markt verschwunden, ihre Zertifikate auch. Ohne Zertifikat kann kein Medizinprodukt in der EU in Verkehr gebracht werden. Unbürokratisch werden Ausnahmen für solche nicht mehr existierenden Zertifikate gemacht, es handelt sich ja um eine „unvorhergesehene“ Notlage. Gleiches Recht für alle, trotzdem nützt es den Firmen in der EU nichts, die ihren Geschäftsbetrieb bis dahin einstellen mussten. Es freuen sich Nicht-EU-Anbieter, die sich weise auf diese Situation vorbereiten konnten. Konkret zählen etwa die Türkei, arabische Länder, Asien und Amerika dazu, aber auch Nicht EU-Länder in Europa wie UK, die Schweiz oder Norwegen. Der in UK vorgelegte PFAS- Beschränkungsvorschlag soll Fluorpolymere oder geschlossene Stoffkreisläufe explizit ausnehmen. In der EU rät uns die Kommission heute: Erwarten Sie keine generellen Ausnahmen für ganze Branchen, wie für Medizinprodukte oder für Stoffgruppen, wie für Fluorpolymere. Ach ja: Hatte das Verbot von Fluorpolymeren denn einen positiven Effekt auf die Umwelt? Fluorpolymere selbst sind inert wie Sand oder Glas. Durch Medizinprodukte, die in Kliniken streng reguliert entsorgt werden, haben wir keine Umweltauswirkungen zu erwarten. Das KIT in Karlsruhe hat gezeigt, dass bei der Verbrennung von Fluorpolymeren in Standard-Müllverbrennungsanlagen keine PFAS übrigbleiben. Schlupflöcher bei der Entsorgung muss man identifizieren und gezielt angehen. Die Produktion von PFAS aus der EU herauszudrängen, sollte unser Gewissen nicht beruhigen. Produktion ohne zielführende, weitreichende Emissionsauflagen macht den Planeten nicht besser. Was wir brauchen, ist eine lebenswerte Zukunft, in Freiheit, frei von Ideologie. Die Medizintechnik-Unternehmen in Deutschland und der EU haben einen klugen Regulierungsrahmen verdient: » AESCULAP® EinsteinVision® 3.0 FI – 3D Fluoreszenzbildgebung in Echtzeit, Quelle: © Aesculap AG » Mit Chronos ist Topcon in eine neue Ära der Refraktion gestartet. Das Gerät bietet binokulare Autorefraktion, Keratometrie, Sehschärfetest und subjektive Messungen in einem platzsparenden kompakten Gerät. Quelle: © Topcon Europe Medical B.V. Market Access – Marktzugang | Drohendes PFAS-Verbot in der EU – das Ende vieler Medizinprodukte risikoorientiert und technologieoffen. Mit unserem Ohr eng an Kanzleramt und Kommission hören wir vernünftige Signale. Die gilt es zu stärken. Es kommt aber auch darauf an, zügig Klarheit zu schaffen. Mit einer Jahre dauernden Hängepartie wird die EU noch weiter abgehängt. Was bleibt Ihnen als Unternehmer? Das Thema ist so groß, dass Sie für sich Ihre individuelle Strategie finden müssen. Nach außen ist es wichtig, dass wir als Medizintechnikbranche hörbar sind; hier kann jeder seinen Teil dazu beitragen. SPECTARIS ist bei der öffentlichen Willensbildung ganz vorne mit dabei. Gut zu wissen, dass wir zusammenstehen und stark sind, wenn es darauf ankommt.
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