Die deutsche Medizintechnik-Industrie / SPECTARIS Jahrbuch 2023/2024

SPECTARIS Jahrbuch 2023/2024 | Medizintechnik 69 Bereits heute existieren Telemonitoring-Geräte zur Überwachung von Vitalwerten wie beispielsweise elektronische Implantate für chronische Herzinsuffizienz oder Insulinpumpen mit kontinuierlichem Glukosemonitoring für Diabetiker. Sowohl im Bereich der chronischen Erkrankungen als auch in der Notfallmedizin besteht die Möglichkeit, Patientinnen und Patienten unter Aufsicht ihrer Haus- und Fachärzte mit den Möglichkeiten, die Telemonitoring bietet, besser und effizienter zu versorgen. Dass dieses Potenzial noch immer nicht ausgeschöpft wird, liegt insbesondere an der fehlenden Aufnahme in das ambulante Erstattungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine breite Anwendung und Finanzierung werden somit verhindert. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Die Selbstverwaltung ist uneins über die Zuständigkeit für die Erstattung telemonitorischer Leistungen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sieht ohne gesetzliche Grundlage oder Auftrag aus einem NUB- Verfahren (neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden) keinen Anlass zur Verankerung im EBM. Die Krankenkassen wiederum sehen ohne gesetzliche Grundlage oder Verankerung im EBM keinen Anlass für die Finanzierung. Es bedarf daher einer gesetzlichen Regelung zur Erstattung telemonitorischer Leistungen, um das Potenzial voll auszuschöpfen. Dazu gehören die Ausweitung auf weitere Indikationen und die Schaffung einer Position im EBM. Ein vereinfachtes Zulassungsverfahren und die Delegation ärztlicher Leistungen im Rahmen verschiedener Versorgungsmodelle sind weitere Forderungen. Die Vergütung sollte sich am tatsächlichen Aufwand, am Nutzen für Patientinnen und Patienten sowie an Prozessoptimierungen orientieren. Finanziell gesehen bietet das Telemonitoring ebenfalls Vorteile. Laut einer Analyse von McKinsey aus dem Jahr 2022 kann durch die Implementierung von Online-Interaktionen eine finanzielle Entlastung von jährlich 12 Milliarden Euro realisiert werden. 4,3 Milliarden Euro jährlich entfallen dabei alleine auf die Fern- » Patientenarzt Online-Beratung, Quelle: © istockphoto Ridofranz » Junge Frau mit Typ-1-Diabetes trägt kontinuierlichen Blutzuckermonitor und Insulinpumpe beim Wandern in der Natur. Quelle: © istockphoto Courtney Hale » Doctor Hand hold Pacemaker Gerät mit Bildschirm von EKG Überwachung, Quelle: © istockphoto Pitchayanan Kongkaew 1 Amelung et al. (2022): Digitalisierung im Gesundheitswesen. Die 42-Milliarden-Euro-Chance für Deutschland. Hrsg. v. McKinsey & Company. überwachung bzw. das Telemonitoring chronisch kranker Menschen.1 Es bleibt zu hoffen, dass eine zügige Umsetzung der in der BMG-Digitalisierungsstrategie angekündigten Maßnahmen, insbesondere die Weiterentwicklung von Prozessen und die Schaffung der geeigneten regulatorischen Rahmenbedingungen zur Ausweitung des Telemonitorings, erfolgt. Nur durch eine gesetzliche Regelung zur Erstattung telemonitorischer Leistungen kann das Potenzial des Telemonitorings voll ausgeschöpft werden. So wird in Zukunft gewährleistet, dass alle Menschen in Deutschland eine bessere und effizientere Gesundheitsversorgung erhalten können.

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