72 Gastbeitrag Digitalisierung im Gesundheitswesen | Regulatorische Revolution – Ein einheitliches Datenmodell für die Digitalisierung und mehr Innovation » Nutzen der Digitalisierung von regulatorischen Prozessen & Technischer Dokumentation Alle genannten Herausforderungen lassen sich durch die Digitalisierung von Prozessen und der dazugehörigen Dokumentation lösen. Softwarelösungen ermöglichen den Wechsel von einer rein dokumentenbasierten Arbeitsweise hin zu einzelnen „Informationseinheiten“ mit einer eindeutigen ID. Diese haben jeweils ein eindeutiges Quelldokument („Single source of truth“), können in anderen Dokumenten schreibgeschützt wiederverwendet werden und erlauben eine direkte Verknüpfung untereinander (Traceability). Digitalisierte Prozesse ermöglichen eine (Teil-)Automatisierung bei der Erstellung von Inhalten in Dokumenten und automatische Konsistenz- und Vollständigkeitsprüfungen. Damit kann der Aufwand für die Erstellung der TD deutlich reduziert, die Qualität verbessert und die Zulassung des Produktes beschleunigt werden. Anschließend ermöglicht der datenbasierte Ansatz eine bessere Marktüberwachung und erlaubt eine effiziente Erstellung von regelmäßigen Post-Market-Surveillance-Dokumenten. Notwendige Produktänderungen können ebenfalls effizienter umgesetzt werden. In Summe wirkt sich die Digitalisierung regulatorischer Prozesse und der TD positiv auf das gesamte Ökosystem in der Branche und die Patientenversorgung aus: » Ressourcen für nicht wertschöpfende Tätigkeiten werden durch digitale Prozesse und Dokumentation bei Herstellern und Benannten Stellen freigesetzt und können für Innovationen genutzt werden. » Patienten profitieren schneller von neuen diagnostischen oder therpeutischen Verfahren und Verbesserungen von zugelassenen Produkten. Im Hinblick auf den eindeutigen Nutzen stellt sich die Frage: Warum hat noch nicht jeder Hersteller von Medizin- bzw. IVD-Produkten seine Prozesse und Dokumentation digitalisiert? » Digitalisierung – Volle Kraft voraus?! Die Digitalisierung von Lifecycle-Prozessen steckt in der Medizintechnik noch in den Kinderschuhen. Global agierende Unternehmen haben zwar häufig schon begonnen, allerdings sind oft Insellösungen für einzelne Prozesse zu finden. Dadurch entstehen Medienbrüche und Datensilos: Ohne Integration kann nur ein kleiner Anteil des potenziellen Nutzens von digitalen Prozessen genutzt werden. Häufig fehlt eine Digitalisierungsstrategie auf Unternehmensebene, die konsequente Integration unterschiedlicher Prozesse und das Bewusstsein bei Prozessanwendern, welchen Nutzen digitale Prozesse bieten könnten. Zudem machen Großkonzerne nur einen kleinen Anteil der Branche aus: Von den rund 33.000 Medizintechnik-Unternehmen in Europa sind ca. 95 Prozent SMEs. Diese haben oft keine personellen und finanziellen Ressourcen, um neben dem Alltagsgeschäft und Herausforderungen durch die MDR/IVDR zusätzlich Digitalisierungsprojekte zu starten. Dokumente in Word-, Excel- oder PDF-Format ermöglichen jedoch keine effiziente und umfassende Integration von Informationen – innerhalb des eigenen Unternehmens und für die Schnittstelle zu Benannten Stellen. Eine zügige Digitalisierung würde die Effizienz im Unternehmen erhöhen und zu einem Wettbewerbsvorteil werden. » Wie können wir trotzdem die Digitalisierung in der Medizintechnik voranbringen und beschleunigen, um damit wieder mehr Innovation und eine bessere Patientenversorgung zu erreichen? Eine Antwort darauf bietet die Arbeit des Medical Device Knowledge Unit (MDKU) e.V. » Katalysator für die Digitalisierung: Einheitliches Datenmodell für die Technische Dokumentation Der gemeinnützige MDKU-Verein wurde 2021 von einer Interessensgemeinschaft der Branche gegründet. Ihm gehören Fachexperten aus Industrie, Beratungs- und Trainingsunternehmen, Benannten Stellen, Wissenschaft und anderen Organisationen oder Verbänden an, die ehrenamtlich – im Auftrag ihres Arbeitgebers oder als Privatperson – die Mission des Vereins unterstützen: Entwicklung eines einheitlichen Datenmodells für die Inhalte der Technischen Dokumentation mit folgenden Zielen: » Einheitliche Sprache: Durch die eindeutige Beschreibung von regulatorischen Befgriffen soll Klarheit geschaffen werden, was unter einem Begriff verstanden bzw. von Benannten Stellen erwartet wird. Heute werden Begriffe in unterschiedlichen regulatorischen Dokumenten zum Teil anders definiert, interpretiert, nicht korrekt verwendet oder leicht abgewandelt verwendet. » Beschleunigung der Digitalisierung durch ein einheitliches Datenmodell, welches von allen Stakeholdern im Ökosystem der Medizintechnik einfach genutzt und von allen Softwareanbietern implementiert werden kann. Damit werden eine digitale Durchgängigkeit und eine vereinfachte Kommunikation zwischen Herstellern und Benannten Stellen ermöglicht.
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