Die deutsche Medizintechnik-Industrie / SPECTARIS Jahrbuch 2023/2024

88 Forschung & Innovation | Projektergebnisse dreier Forschungsvorhaben der F.O.M. » Die Innovationsidee Projektziel war, die Grundlagen für ein von Augenärzten ambulant durchführbares nicht invasives Behandlungsverfahren mit modernsten Lasern mit ultrakurzen Pulsen (UKP-Laser) zu schaffen mit ähnlich guten Behandlungserfolgsraten wie bei der Vitrektomie und mit einer exzellenten Sicherheit bezüglich Komplikationen. Hierzu sollten Parameter von UKP-Lasersystemen für einen effizienten Abbau von Floatern optimiert und mittels optischer Kohärenztomografie (OCT) mit einer exakten 3D-Erfassung in Echtzeit für eine spätere Automatisierung der Behandlung gekoppelt werden. Der Energieeintrag sollte durch fokussierte Laserpulse von mJ auf 10 µJ reduziert werden. » Die Ergebnisse Ein Experimentalaufbau für eine Laser-Behandlung mit Bildgebung für den gesamten Augapfel konnte erfolgreich aufgebaut werden und besteht aus einem OCT-Messarm, einem Lichtfaseraufbau für die eingekoppelte Femtosekunden (fs)-Laserstrahlung und einem Arm mit Probenhalterung beziehungsweise Patienten-Interface mit Kontaktglas. Nach Synchronisation der Komponenten und Entwicklung der Software-Ansteuerung konnten untersuchte Strukturen dreidimensional erfasst und abgebildet werden. Mithilfe einer Flüssiglinse konnten die Fokusse von OCT- und fs-Laser gemeinsam um bis zu 13 mm verschoben werden bei gleichbleibendem Strahldurchmesser. Ein solcher Aufbau erspart Vitreolyse-Patienten das unangenehme Wechseln des Patienten-Interfaces mit variierenden Brechungsstärken. Um bei den Versuchsreihen Verfälschungen durch individuelle Floater-Ausprägungen zu vermeiden, wurde ein Glaskörpermodell mit einem additiv gefertigten Silikonhohlauge und einer einstellbaren Hydrogel-Füllung entwickelt. Über die Viskosität des Hydrogels lassen sich verschiedene Verflüssigungsgrade des Glaskörpers simulieren, die für die unterschiedliche Beweglichkeit der Floater verantwortlich sein könnten. Über die Geometrie der Silikon-„Hornhaut“ (Cornea) wird die Brechkraft des Modellauges ohne gesonderte Linse an die des menschlichen Auges angepasst. Zur 3D-Lokalisierung der Floater anhand von OCT-Bildern wurde ein Algorithmus entwickelt, der Floater aus den Volumendaten in Segmente zerlegt. Dies ermöglicht die Identifizierung und automatisierbare Ansteuerung geeigneter Koordinaten für die Aktivierung und Deaktivierung des Behandlungslasers. Der kontrollierbare Retina-Floater-Abstand ermöglicht die Vermeidung einer Laserpulssetzung in der Nähe sensibler Strukturen. Für den mit dem Demonstratoraufbau realisierbaren kleinsten Fokusdurchmesser war ein Floater-Abbau durch fs-Laser bereits bei Pulsenergien ab 10 µJ und Pulsraten von 500 kHz nachzuweisen. Die fs-Laserpulse bewirkten ein deutlich selteneres Wegspringen der Floater, was auf eine geringere mechanische Beanspruchung des umliegenden Gewebes hinweist. Diese schonendere Behandlung erlaubt, Floater in größerer Nähe zu sensiblen Strukturen des Auges zu bestrahlen als bisher. Zu beachten ist jedoch, dass fs-Laser nicht lineare Effekte erzeugen, von denen einige wissenschaftlich noch nicht vollständig erfasst sind. Die Ausschließbarkeit sichtbarer oder funktionaler Schäden der Retina durch eine fs-Laser-Vitreolyse nahe der Retina ist am effektivsten über Tierversuche nachweisbar. » Die Verwertung KMU-Nutzen Der entwickelte Aufbau unterscheidet sich nicht grundsätzlich von dem der aktuell verwendeten klinischen OCT-Systeme. Die Hersteller bestehender Lasersysteme zur Untersuchung von Cornea oder Retina können diese Funktionen durch geringe technische Modifikationen, wie die Erweiterung des Sichtbereichs in den Glaskörper hinein, so anpassen, dass sich zusätzlich Floater-Behandlungen mit erhöhter Verfahrenssicherheit durchführen lassen. Die Möglichkeit des Zurückgreifens auf bestehende Systeme erlaubt eine kostengünstige und schnelle Entwicklung von Modulen zur sichereren Vitreolyse. Dies lässt sich insbesondere von KMU nutzen, die bereits als Knowhow-Träger, Inverkehrbringer und Zulieferer der benötigten Technologien, z. B. zur Strahlformung, Bildgebung und Laserführung, fungieren. » IGF-Projekt XFloater, Quelle: © Laser Zentrum Hannover e. V. Umsetzung Es zeigte sich, dass weitere Grundlagenforschung, vor allem zur Genese und zu den verschiedenen Ausprägungen der Floater, benötigt wird. Die hohe weltweite Aufmerksamkeit Betroffener für XFloater wurde genutzt, um eine ergänzende Studie auf Basis der Antworten einer Online-Umfrage durchzuführen. Bis Ende Mai nahmen 1.300 Personen teil.

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