VAA Magazin Oktober 2024

generationen. Wie nehmen Sie den Wandel wahr und lohnt sich eine externe Karriereberatung auch für Individualisten? Wie sieht es konkret mit Berufseinsteigern aus? Wir erleben schon seit einigen Jahren, dass von uns einmal beratene Eltern ihre inzwischen erwachsen gewordenen Kinder für eine berufliche Beratung zu uns empfehlen. Werden wir dann mit dem „Phänomen“ der Generation Z konfrontiert? Manchmal ja. Aber statt in die pauschale Kiste zu greifen oder dieser Generation heimlich Vorwürfe zu machen, sollte man sich die Vorgeschichte genauer anschauen, an der nicht zuletzt die Elterngenerationen beteiligt sind. Manche, zum Beispiel wirtschaftliche, Motivatoren existieren nicht mehr, weil sie quasi „erledigt“ sind, und manche Bilder der Eltern waren vielleicht nicht geeignet, diesem Vorbild nachzueifern. Also sollte eine Beratung dieser Generation mit der nötigen Offenheit für Bedürfnisse und Grenzen erfolgen, die mit dem beruflichen Ein- und Aufstieg der vorherigen Generationen nicht zu vergleichen sind. Was macht Ihrer Einschätzung nach eine erfolgreiche Karriereberatung heute eigentlich aus? Mit Sicherheit nicht, dass sie vor allem schnell erledigt sein und typischen Formen einer Kaminkarriere gehorchen sollte, sondern dass eine Balance aller Lebensbereiche entsteht, die am Ende zu einer dauerhaften Motivation, einer möglichst stabilen Gesundheit und zu einer Verbindung von Lebens- und Arbeitsfreude führt, also „Work“ und „Life“ nicht mehr polarisiert, sondern integriert. Wenn wir dann den weiteren Weg lange begleiten dürfen und immer wieder einbezogen werden, freut uns das ganz besonders. Wozu raten Sie Beschäftigten in der Industrie, wenn es darum geht, berufliche Netzwerke in der modernen Arbeitswelt aufzubauen und zu pflegen? Welche Rolle können Sie als Karriereberater dabei spielen? Ich stelle immer noch recht häufig fest, dass Führungs- und Fachkräfte die soIm Rahmen der Karriereentwicklung kooperiert der VAA mit verschiedenen Partnern zu unterschiedlichen Themen. Exklusive Angebote zur Karriereberatung erhalten VAA-Mitglieder auch bei von Rundstedt & Partner. zialen Medien kritisch beäugen, nicht wirklich nützen oder sogar ablehnen. Tatsache ist aber, dass vor allem LinkedIn zu einem sehr präsenten, aktiven Medium der Vernetzung und auch der Bewerbung geworden ist. Allerdings reicht das oft nicht, um wirklich in Kontakt zu kommen. Es ist also nach wie vor notwendig, persönlich zu erscheinen, sei es in den VAA-Werksgruppen und anderen Veranstaltungen, sei es in Arbeitskreisen, sei es in ehrenamtlichen Aktivitäten. Und was noch mehr fordert: Es ist ja schön, mit einer wichtigen Persönlichkeit vernetzt zu sein, wenn danach aber nichts mehr passiert und das Ganze keine Kontinuität gewinnt, wird es schnell zur Fassade. Wir geben dazu sehr gern Tipps und helfen ganz konkret, das eigene Profil aufzubauen und einheitlich darzustellen, warnen allerdings vor der Erwartung, dass ein Netzwerk die berufliche Veränderung von allein erledigt. Menschen in verschiedenen Lebensphasen unterscheiden sich in ihren Zielen und Vorstellungen. Welche Empfehlungen haben Sie für Berufstätige in unterschiedlichen Karrierephasen? In der Tat durchlaufen wir alle die verschiedenen Lebensphasen – und es ist klug, sie anzunehmen und nicht abzuwehren. Diese Lebensphasen beeinflussen selbstverständlich auch die Karrierephasen. Ein Beispiel: Der VAA hat einmal eine Studie in Auftrag gegeben, dass viele so etwas wie eine „50er-Krise“ durchleben, die mit einem beruflichen Motivationsknick einhergeht. Aus dieser Krise kann man aber gestärkt und mit neuer Souveränität für viele weitere Berufsjahre hervorgehen. Eine Lebens- und Karrierephase ist aber nicht nur an das Lebensalter gebunden: Die äußeren Umstände, physische und psychische Begrenzungen, familiäre und finanzielle Herausforderungen zwingen bisweilen dazu, anders vorzugehen, als es das Lebensalter nahelegen würde. Deshalb betrachten wir diese Rahmenbedingungen mit der Bereitschaft zur Öffnung dafür sehr genau. Es ergibt auch hier keinen Sinn, pauschale Empfehlungen zu geben, wobei ein harter beruflicher Bruch am Ende der betrieblichen Karriere selten guttut. Es lohnt sich in jeder Lebensphase, die geistigen und körperlichen Möglichkeiten zu nützen, um präsent zu bleiben und Erfolgserlebnisse zu erfahren, sich aber auch kontinuierlich der Selbstreflexion zu stellen, um sich als Persönlichkeit, Führungs- und Fachkraft weiterzuentwickeln. Ein stabiler Selbstwert macht schließlich ein Stück unabhängiger vom Urteil anderer und lässt den Respekt vor den eigenen Möglichkeiten und Grenzen zu.  Stefan Müller, Karriereexperte, Coach und langjähriger Kooperationspartner im Netzwerk des VAA. In der Tat durchlaufen wir alle die verschiedenen Lebensphasen – und es ist klug, sie anzunehmen und nicht abzuwehren.“ 24 VAA MAGAZIN OKTOBER 2024 VAA

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