Führungskräfte können einen konstruktiven, moderierenden Beitrag zu den Diskursen leisten, indem sie die Beteiligten fragen: „Warum könnte das wichtig für uns – hier – sein?“ Auf diesem Wege lässt sich herausfinden, für wen innerhalb und außerhalb des Unternehmens ein Thema überhaupt eine mehr oder weniger große Relevanz hat. Entsprechend können Führungskräfte versuchen zu beeinflussen, wer sich in den Diskurs einbringt. Spannend wird es natürlich, wenn ein Thema sehr relevant für verschiedene Personen oder Gruppen ist, diese jedoch unterschiedliche Haltungen einnehmen (pro/ contra/neutral). Führungskräfte müssen darauf gefasst sein, dass es Kontroversen gibt. Wenn ein Thema als relevant angesehen wird, muss man es zumindest versuchen, auf eine gemeinsame Linie zu kommen. Und wenn ein Thema nicht kontrovers gesehen wird, dann ist es gut, die gemeinsame Haltung zu bekräftigen. Führungskräfte als Mittler Führungskräfte sollten politischen Diskursen nicht aus dem Weg gehen. Sie können klären, wo die Diskurse stattfinden, und teilweise beeinflussen, welchen Raum man ihnen gibt. Führungskräfte sind in einer vermittelnden Rolle, wenn noch und Kollegen von einer bestimmten politischen Meinung oder Einschätzung zu überzeugen, zum Beispiel, ob Einwanderung wünschenswert ist. • Lobbyismus/Public Affairs: Mitglieder des Unternehmens wenden sich an externe Personen oder Institutionen, um eine politische Position zu vertreten, zum Beispiel zu Veränderungen im Steuersystem. • Stakeholder-Dialog: Außenstehende adressieren politisch geprägte Erwartungen an Mitglieder des Unternehmens, um Einfluss darauf zu nehmen, wie das Unternehmen handelt, zum Beispiel bei der Einhaltung von Menschenrechten. • Corporate/CEO-Aktivismus: Diese spezielle Form läuft unter externen Treibenden mit externen Adressierten ab, und zwar so, dass Mitglieder der Spitze des Unternehmens sich zu allgemeinen gesellschaftspolitischen Themen äußern, wie zum Beispiel Rechtsextremismus. Führungskräfte sollten sich fragen, für welche internen Gruppen sie überhaupt verantwortlich sind und inwiefern durch Werksaktivismus oder Stakeholdereinflüsse Anlässe für Veränderungen anstehen könnten. Zugleich können sie hinsichtlich der externen Adressierten ermessen, ob sie überhaupt an einer entsprechenden Schnittstelle zuständig sind. Im Ergebnis werden sie merken, dass viele politische Diskurse ihre Arbeit kaum betreffen. Relevanz und Haltungen Stets abzuwägen ist die Frage, inwieweit diskutierte Themen in einem Zusammenhang mit den Aktivitäten eines Unternehmens stehen. Ist dieser nur schwach ausgeprägt, liegt es nahe, den Diskursen nicht allzu viel Raum zu geben, da sie wenig produktiv sind. Führungskräfte sollten aber die Zusammenhänge nicht unterschätzen. Erstens kann ein Thema letztlich doch relevant sein. Zum Beispiel werden Migrations- oder Genderthemen inzwischen auch mit der Fachkräftegewinnung verknüpft. Zweitens kann es Auswirkungen auf die Mitarbeitermotivation haben, wenn Diskussionen ermöglicht oder unterdrückt werden, zum Beispiel bei Nachhaltigkeitsthemen. Wer hat ein Anliegen an wen? Treibende intern extern Adressierte intern extern Werksaktivismus StakeholderDialog Lobbyismus Public Affairs Corp./CEOAktivismus Prof. Guido Möllering ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der ULA und Direktor des Reinhard-Mohn-Instituts für Unternehmensführung an der Universität Witten/Herdecke. nicht klar ist, wie relevant ein Thema ist und was die Haltungen dazu sind. Führungskräfte handeln verantwortungsvoll, wenn sie produktive Ergebnisse aus politischen Diskursen erzielen. Auf die Frage „Chef, wen soll ich wählen?“ folgt dann ein kurzes Gespräch, was es denn bedeuten würde, wenn die eine oder doch die andere Partei an die Macht käme. Dann sollte auch zumindest ein Konsens herauskommen, dass man keine Demokratiefeinde wählt und dass es ansonsten nur selten eine vollkommene Einhelligkeit zu politischen Themen gibt. Foto: Kay Gropp www.ula.de 35 ULA NACHRICHTEN OKTOBER 2024
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