VAA Magazin: Seit mittlerweile über sechs Jahren ist die DSGVO in Kraft. Was hat sich seitdem verändert? Lange: Informationen und Transparenz bei der Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten haben deutlich zugenommen. Es gibt kaum noch einen neuen Anstellungsvertrag, bei dem der Arbeitgeber nicht in einem mehrseitigen Anhang über die Nutzung von Arbeitnehmerdaten aufklärt. Umgekehrt werden die Arbeitnehmer selbst umfassend auf das Datengeheimnis verpflichtet. Was genau haben Beschäftigte zu beachten? Das Wichtigste ist zunächst, dass ein Bewusstsein für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten geschaffen INTERVIEW MIT CHRISTIAN LANGE Datenschutz und Künstliche Intelligenz im Arbeitsrecht Schon immer spielt das Thema Datenschutz eine entscheidende Rolle im deutschen Arbeitsrecht. Angesichts der fortschreitenden Technologisierung und der damit verbundenen Erhebung von Beschäftigtendaten ist das Thema weiterhin von wachsender Relevanz. Die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten am Arbeitsplatz werfen zahlreiche rechtliche und praktische Fragen auf. In den letzten Jahren hat die Rechtsprechung einige interessante Entscheidungen getroffen, die zumindest in der ein oder anderen Konstellation für Klarheit sorgen. Über die aktuellen Entwicklungen spricht Christian Lange vom Juristischen Service des VAA im Interview. Gleichzeitig kommen neue datenschutzrechtliche Herausforderungen aufgrund der Nutzung von KI-Tools hinzu, betont der Datenschutzbeauftragte des VAA. wird. Der Grundsatz, nämlich nur die Daten zu nutzen, die für die jeweiligen Zwecke benötigt werden, steht dabei im Vordergrund. Aber auch Hinweise, unter welchen Voraussetzungen Daten an Dritte weitergegeben werden dürfen und inwiefern Verschlüsselungen und Passwortschutz umzusetzen sind, gehören dazu. Welche Anforderungen stellt die Rechtsprechung? Datenschutz war bereits vor dem Inkrafttreten der DSGVO Gegenstand von vielen Urteilen. Eine der wichtigsten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts stammt aus dem Jahr 2017. Hierbei hat sich das oberste Arbeitsgericht umfassend mit der Frage beschäftigt, inwiefern die heimliche Überwachung von Arbeitnehmern durch eine Software zulässig ist. Die beklagte Arbeitgeberin teilte ihren Arbeitnehmern mit, dass der gesamte Internet-Traffic sowie die Benutzung ihrer Systeme mitgeloggt werden. Dabei wurde jede Eingabe auf der Tastatur aufgezeichnet und in regelmäßigen Abständen Bildschirmfotos angefertigt. Letztlich eine Totalüberwachung. Die nicht wirksam ist? Richtig. Im Ergebnis durfte die Auswertung nicht für eine Kündigung genutzt werden. Obwohl der Arbeitgeber bei der Auswertung durch die Software Christian Lange VAA-Jurist rechtsberatung@vaa.de +49 221 160010 Foto: VAA feststellte, dass der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit für seine eigenen Zwecke ein Computerspiel programmiert hatte und für das Logistikunternehmen seines Vaters fleißig EMails schrieb. Da die Auswertung nicht herangezogen werden durfte, blieb unklar, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine privaten Tätigkeiten ausübte und ob dies – wie er behauptete – hauptsächlich während der Pausenzeiten geschah. Die Kündigung wurde in allen Instanzen für unwirksam erklärt. Somit bestehen wenig Chancen für Arbeitgeber, derart krasse Verletzungen der Arbeitspflicht aufzuklären. Problematisch war in dem beschriebenen Fall die anlasslose Totalüberwachung. Eine Überwachung von Arbeitnehmern ist nur unter strengen Voraussetzungen und in klar definierten Ausnahmefällen zulässig. Das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer ist dabei jeweils zu beachten. Ausnahmefälle sind anlassbezogene und zeitlich sehr begrenzte Überwachungen. Dennoch gilt folgender Grundsatz des Bundesarbeitsgerichts: Datenschutz ist nicht gleich Tatenschutz. Die Möglichkeit, in einem eng begrenzten Rahmen eine etwaige Straftat oder einen gravierenden Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers aufzuklären oder nachzuweisen, muss gegeben sein. Wie so oft wird es bei der rechtlichen Bewertung der40 VAA MAGAZIN OKTOBER 2024 RECHT
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