VAA Magazin Oktober 2024

Gute Ausbildung schafft gute Aussichten Von Timur Slapke und Simone Leuschner Zurzeit befindet sich der Industriestandort Deutschland in einer schweren Krise. Während der Verband der Chemischen Industrie für seine Branche bereits seit einigen Jahren mahnt, warnt und Reformen fordert, ist zuletzt mit dem bröckelnden Automobilbereich ein weiterer Schlüsselsektor zurück in den medialen „Alarmfokus“ gerückt. Schlechte Zeiten also für Absolventinnen und Absolventen, um hierzulande eine Karriere in der Industrie zu starten? Nicht ganz. Eine differenziertere Betrachtung lohnt sich. Denn die Chancen auf einen erfolgreichen Berufseinstieg beispielsweise in den Chemie- und Pharmaunternehmen stehen immer noch sehr gut – und bieten nach wie vor eine langfristige Beschäftigungsperspektive, gerade für hochqualifizierte junge Menschen. BERUFSEINSTIEG IN CHEMIE UND PHARMA Wer sich in den letzten, von Corona, Krieg und Krisen geprägten Jahren allein aufs Bauchgefühl verlassen hat, ist oft Gefahr gelaufen, die Zuversicht zu verlieren. Das gilt nicht zuletzt für die junge Generation, die jetzt in den Arbeitsmarkt eintritt, um die Babyboomer abzulösen. Bietet dieser Markt überhaupt noch Chancen? Abseits des allgegenwärtigen politischen Jammertals gibt es langfristige Trends, die dafürsprechen. So werden infolge des demografischen Wandels bis 2027 voraussichtlich jährlich rund 283.000 Beschäftigte mehr in Rente gehen als nachrücken, berichtet das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in seiner aktuellen „IW-Arbeitsmarktfortschreibung 2027“. Auch wenn die Fachkräftelücke 2023 aufgrund der schwachen Konjunktur auf 573.000 im Jahresdurchschnitt leicht zurückging, bleibt der der Fachkräftemangel auf einem sehr hohen Niveau. Eine deutliche Entspannung am Arbeitsmarkt sei laut IW derzeit nicht in Sicht. Wie sehen die Jobs aus, die in Zukunft gefragt sein werden? Sie sind wissensintensiv und erfordern Spezialisierung, Kreativität und analytische Fähigkeiten, hat das Beratungsunternehmen Deloitte noch im ersten Coronajahr 2020 in seiner Analyse „Die Jobs der Zukunft. Berufswelt bis 2035 – 5 Trends“ gezeigt. Sie weisen demnach einen fünfzigprozentigen Anteil von Berufen mit akademischen oder ähnlichen Qualifikationen auf und verfügen somit über einen dreimal höheren Akademikeranteil als die Berufe mit sinkender Nachfrage und erhöhter Automatisierbarkeit. Vor allem der Anteil an Berufen, die mindestens ein vierjähriges Studium voraussetzen, betrage bei den „Jobs der Zukunft“ ein Drittel und liegt um das Fünffache höher als bei den anderen Berufen. Eine Berufsgruppe, die diesen Anstieg sinnbildlich verkörpere, sei die der MINT-Experten, deren Anzahl sich bis 2035 um 16 Prozent erhöhen soll. Wenn Schule Eindruck hinterlässt Für Naturwissenschaften im Allgemeinen und die Chemie im Besonderen hat sich Dr. Anna Rustler schon in der Schule interessiert: „Im Gymnasium hatte ich zwei Chemielehrerinnen damals in der achten Klasse, die waren wirklich super begeisternd.“ Deswegen fand die Organische Chemikerin, die seit Juni 2024 als Trainee im Cross Divisional Development Program Innovation bei der Altana AG (Eigenschreibweise: ALTANA AG) in Wesel tätig ist, Chemie schon damals „cool“. Auch in der Oberstufe hatte sie einen Chemielehrer, der dem Klischee des „typischen Wissenschaftlers“ entsprach. „Der war noch von der alten Schule, aber einfach ein toller Kerl. Der hat einfach für die Chemie gebrannt.“ Bei der Vorarbeit lag die Wahl des Studienfachs für Rustler natürlich auf der Hand. Mit Enthusiasmus hat sie ihr Chemiestudium in Regensburg begonnen, wobei es am Anfang nicht einfach gewesen sei: „Es wird einfach extrem viel Wissen in extrem kurzer Zeit vermittelt, da bin ich ein bisschen an meine Grenzen gestoßen, weil ich in der Schule eigentlich nie etwas auswendig lernen musste.“ An der Uni ist das Leben eben anders: „Man ist vormittags in den Vorlesungen und nachmittags im Praktikum und hat nicht viel Zeit für andere Dinge.“ Gut, dass Anna Rustler als Ausgleich im Chor gesungen hat. „Das sage ich den angehenden Studierenden immer: Sucht Euch irgendein Hobby, das nichts mit Chemie zu tun hat. Geht da einfach hin und macht das einmal in der Woche.“ Für den Master im Anschluss an den Bachelorabschluss hatte Rustler ein sehr diverses Profil belegt: Neben Organischer Chemie kamen noch Physikalische u 6 VAA MAGAZIN OKTOBER 2024 SPEZIAL

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