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Beratende Ingenieure ·

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2017

Wasserwirtschaft

lagen behandeln die Kanalluft fotochemisch: Energiereiches

UV-Licht spaltet die organischen Verbindungen auf. Die dabei

entstehenden Elementarstoffe wie Schwefel werden der Luft

über Aktivkohlefiltern entzogen.

Beim Rohrvortrieb zwischen Dortmund und Bottrop wurde

der Bohrkopf von hydraulischen Pressen vom Start- in einen

Zielschacht durchs Erdreich geschoben. Hinter dem Bohr­

kopf wurden immer wieder Kanalsegmente aus Stahlbeton

eingelegt und mitgeschoben, so dass der rohe Kanal bereits

im Boden lag als der Bohrkopf den Zielschacht erreichte.

Bei einer Gesamt-Vortriebsstrecke von mehr als 45 km sind

unliebsame Überraschungen im Zuge des unterirdischen Ka­

nalbaus trotz einer umfangreichen Baugrunderkundung und

trotz der Sondierung des Geländes auf Fliegerbomben aus

dem letzten Weltkrieg nahezu unvermeidlich. Es gibt Rück­

schläge, z. B. wenn die Tunnelbaumaschine aufgrund einer im

Zuge der Baugrunduntersuchung unerkannten Änderung der

Bodenschicht zu viel Material ausgräbt und die Deckschicht

dann eventuell einsackt. Bei solch einem Tagbruch sinkt die

Erde sogar an der Oberfläche ein, es bildet sich ein sichtbarer

Trichter. Solche Situationen sind im Zuge der Bauausführung

durchaus eingetreten, Schäden an Bebauung oder Einrichtun­

gen der Infrastruktur gab es aber zu keinem Zeitpunkt. Trotz

solcher Rückschläge konnten die Vortriebsarbeiten innerhalb

des vorgesehenen Terminrahmens abgewickelt werden.

Innerhalb der ARGE sind die Tätigkeitsschwerpunkte wie

folgt verteilt:

- Dorsch International: Projekt- und Bauoberleitung, Trag­

werksplanung Schächte, Baulogistik

- Sweco: Planung Kanalstrecke und Elektrotechnik, örtliche

Bauüberwachung, Nachtragsmanagement

- Pöyry Deutschland GmbH: Planung Schachtbauwerke und

Maschinentechnik, örtl. Bauüberwachung

- Stein & Partner GmbH: Fachberatung für Rohrvortriebsar­

beiten, Begleitung mit CoJack (statische Online-Überwa­

chung von Rohrvortrieben), örtl. Bauüberwachung

Bei der Entstehung eines der modernsten Abwassersysteme

der Welt live dabei sein zu können, war für uns als Team be­

eindruckend und eine planerische Herausforderung.

Über die von der Arge Emscherkanal betreuten Baumaßnah­

men zwischen Dortmund und Bottrop hinaus hat das Gesamt­

projekt der Emschergenossenschaft weitere Highlights zu

bieten.

Ein See in der Auenlandschaft

Neben dem Bau des Abwasserkanals entschied die Stadt

Dortmund, einen neuen künstlichen See anzulegen, der neben

landschaftlicher Aufwertung vor allem Schutzmaßnahme sein

wird. Er soll im Falle eines Emscherhochwassers verhindern,

dass Teile Dortmunds überschwemmt werden. Der Kanal hat

viele Zuflüsse aus dicht besiedelten Gebieten. Dort sind die

Ufer weitgehend versiegelt, bei Starkregen steigt das Wasser

schnell an. Um Gefahren vorzubeugen, entsteht dieser künst­

liche See in Mengede, 20 km nordwestlich vom Phoenixsee,

keine 10 km Luftlinie von der Emscherquelle entfernt. Als

Hochwasser-Rückhaltebecken soll er bis zu 1,1 Mio. m

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Was­

ser aufnehmen können. Zurzeit fließt die Emscher dort noch

in einem geraden Bett. Doch in Kürze werden die fünf, sechs

Meter hohen Deiche abgetragen, damit sich das Wasser aus­

breiten kann, wie in einer Auenlandschaft. Damit wird auch

die Fließgeschwindigkeit des Wassers verringert. Das ist wie­

derum wichtig für Fische und Vogelarten, die gerne Plätze an

Flussbiegungen und unter Uferböschungen aufsuchen.

Schon jetzt zeigt sich ein Erfolg der Renaturierung, denn an

einigen Stellen entlang des knapp 83 km langen Flusslaufs

haben sich neue Biotope gebildet. Viele Tiere sind zurück­

gekehrt oder haben sich neu angesiedelt, beispielsweise

die Groppe, ein Süßwasserfisch. Aber auch Teichhühner und

Schleiereulen sowie Graureiher leben an den Ufern. Auch

Störche sind ein Zeichen für intakte Biotope sowie der Eis­

vogel, der sich gern an mäßig schnell fließenden Gewässern

aufhält.

Foto: Arge Emscherkanal

Baustelleneinrichtung Startschacht

Vortrieb DN 2800 mit Erdruckschild

Foto: Emschergenossenschaft